08. Oktober 2024 | Finanzbuchhaltung
KPMG – Die E-Rechnung stellt neue Anforderungen an Unternehmen
Inhalte:
Am 11. September 2024 fand in Frankfurt die edoc connect: invoice statt, auf der die Themen digitale Rechnungsverarbeitung und E-Rechnungen im Fokus standen. In einer spannenden Keynote beleuchteten die Referenten Nancy Schanda, Partner, Tax, Indirect Tax Services, Head of VAT Technology von KPMG und Christian Amberg, Partner, Tax Transformation von KPMG welche Anforderungen die E-Rechnungspflicht an Unternehmen stellt, was E-Invoicing für die Zukunft der Compliance bedeutet und wie die GoBD in diesem Kontext anzuwenden sind. Die Inhalte der Keynote haben sie uns nochmal in einem informativen Blogbeitrag zusammengefasst.
Was bedeutet E-Invoicing/E-Reporting für die Zukunft der Compliance?
E-Rechnung im internationalen Kontext
E-Invoicing ist seit ein paar Jahren ein globales Thema und trifft aktuell nicht nur Deutschland. Überall auf der Welt führen Länder E-Invoicing-Regularien ein und besonders im europäischen Kontext wurden viele Regelungen schon umgesetzt oder stehen kurz vor der Umsetzung.
Jeder EU-Mitgliedstaat hat das Recht, ein nationales E-Invoicing und E-Reporting in seinem nationalen Steuerrecht umzusetzen. Und einige Länder haben davon bereits Gebrauch gemacht, einschließlich Deutschland. Zudem gibt es europaweit Bestrebungen, ein einheitliches EU-Reporting und E-Invoicing für grenzüberschreitende Transaktionen einzuführen. Die Umsetzung ist jedoch komplex und von der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten abhängig, was bislang nicht erreicht wurde. Es wird erwartet, dass ein supranationales E-Invoicing/E-Reporting frühestens ab 2030 für grenzüberschreitende Transaktionen umgesetzt wird. Bis dahin werden viele Mitgliedstaaten weiterhin ihre eigenen nationalen Systeme entwickeln und implementieren.
Unterschiedliche E-Invoicing und digitale Reporting Modelle
Die verschiedenen Modelle des E-Invoicing und digitalen Reportings variieren. Jedes Land hat seine eigene Herangehensweise und Interpretation, wie dieses Thema geregelt werden soll. In Deutschland wird zunächst ein Direct E-Invoicing Modell implementiert, bei dem die elektronische Rechnung bilateral zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger verschickt wird, ohne dass sie im ersten Schritt über ein Portal oder direkt an die Finanzverwaltung gesendet werden muss.
Auswirkungen auf die Umsatzsteuer-Compliance
Ein wesentlicher Grund für die Einführung von E-Invoicing und E-Reporting ist das Bestreben, schneller an die Daten der Steuerpflichtigen zu gelangen und eine größere Transparenz der transaktionalen Daten zu schaffen, also insbesondere die Lieferbeziehungen auf Ein- und Ausgangsseite transparenter zu machen.
Ziel aller Mitgliedstaaten ist es, irgendwann ein Echtzeitreporting für den Umsatzsteuerprozess einzuführen. Dies bedeutet für Unternehmen, dass steuerrechtliche Regularien und technische Umsetzung enger miteinander verzahnt werden müssen, d. h. dass steuerrechtliche Themen noch stärker in die Geschäfts- und operativen Prozesse eingebunden werden müssen. Diese Integration ist entscheidend, um den Anforderungen der zukünftigen Compliance gerecht zu werden.
Wie ist der Zeitplan für Deutschland
Die Einführung der E-Rechnung bringt für Unternehmen in Deutschland ab dem 1. Januar 2025 neue verpflichtende Anforderungen mit sich. Diese Änderungen betreffen vor allem den Bereich der B2B-Transaktionen zwischen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen.
Zeitstrahl - Einführung E-Invoicing
Der offizielle Start der E-Rechnung ab dem 1. Januar 2025 erfolgt mit einem sogenannten „Soft Start“. Ab dem Stichtag müssen Unternehmen empfangsbereit für E-Rechnungen sein. In den ersten zwei bis drei Jahren sind jedoch auch weiterhin die alten Rechnungsformate wie EDI, Papier und PDF übergangsweise zulässig. Diese Übergangszeit soll den Unternehmen die Möglichkeit geben, sich an die neuen Anforderungen anzupassen.
Die Soft Start-Phase ist in zweierlei Hinsicht wichtig:
Erstens, weil in dieser Zeit die alten Rechnungsformate noch akzeptiert werden.
Und zweitens, weil Unternehmen und ihre Lieferanten sich zivilrechtlich darauf einigen können, welche Übermittlungswege genutzt werden. Die Finanzverwaltung wird in dieser Phase keine großen Probleme machen, wenn Rechnungen noch nicht der neuen E-Rechnungssyntax entsprechen. Unternehmen können dennoch den Vorsteuerabzug geltend machen.
Tun Sie bitte Ihr Bestes. Ansonsten gilt der Grundsatz: Ruhe bewahren, Überblick verschaffen, E-Rechnung umsetzen - wir haben 2 Jahre Übergangszeit.
Nancy Schanda – Partner, Indirect Tax Services Head of VAT Technology KPMG
Übergangsregelungen
Der Gesetzestext und auch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums, das noch ein Entwurfsschreiben ist, lässt folgende Regelungen für den Übergang zu:
- Während der Übergangszeit dürfen Unternehmen weiterhin Papierrechnungen empfangen.
- Lieferanten müssen ihre Kunden nicht fragen, welche Rechnungsart sie bevorzugen.
- Auch nicht EN-konforme Formate, sogenannte verunglückte E-Rechnungen oder EDI-Rechnungen, die nicht EN-16931 konform sind, sind zunächst weiterhin zulässig.
Die Norm EN-16931 ist der europäische Standard, dem die E-Rechnungen in Deutschland entsprechen müssen. Unternehmen müssen in der Lage sein, E-Rechnungen, die EN-16931 konform sind, empfangen und verarbeiten zu können. Das Gesetz erlaubt es aber zudem, dass sich Unternehmen zivilrechtlich mit ihren Lieferanten darauf einigen können, alte Rechnungsformate zu verwenden. Die Empfangsbereitschaft in Deutschland bedeutet somit, dass Unternehmen bereit sein müssen, E-Rechnungen im neuen Format zu empfangen, auch wenn der Lieferant entscheiden kann, welche Rechnungsart er schickt. Ab 01.01.2027 wird es dann nur noch wenige Ausnahmen geben, bis dahin muss sich jedes Unternehmen auf das B2B E-Invoicing vorbereitet haben.
Herausforderungen und Lösungen
Die technische Umsetzung der neuen Anforderungen kann eine Herausforderung darstellen, ist aber mit einer technischen Lösung gut lösbar. Insbesondere aber die Heterogenität der möglichen Rechnungsformate in der Übergangszeit stellt Unternehmen vor die Herausforderung E-Rechnungen im neuen Format, Papier, PDF, EDI sowie verunglückte Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten. Hier kann es helfen, die Lieferanten anzusprechen und sich zivilrechtlich zu einigen, um den Prozess zu vereinfachen oder ggf. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bezüglich der Rechnungsversandbedingungen anzupassen, wenn Sie in der entsprechenden Marktposition sind und sich mit dieser Verhandlungsmacht durchsetzen können.
Was bedeutet E-Rechnung in Deutschland
Mit der Einführung der E-Rechnung ab dem 1. Januar 2025 stehen deutsche Unternehmen vor wesentlichen Neuerungen und Anforderungen im Rechnungswesen. Diese Änderungen betreffen insbesondere die umsatzsteuerrechtlichen Aspekte der Rechnungsstellung und -übermittlung. Die Details zur Einführung der E-Rechnung werden derzeit im Rahmen eines Entwurfsschreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) geregelt. Der finale Entwurf wird voraussichtlich Ende September 2024 nach einer zweiwöchigen Bund-Länder-Abstimmung vorliegen. Das Entwurfsschreiben umfasst wesentliche Punkte, die Unternehmen beachten müssen.
Die E-Rechnungspflicht betrifft alle umsatzsteuerrechtlichen Rechnungen, einschließlich Gutschriften und Reverse-Charge-Umsätze. Auch Intercompany-Rechnungen, die beispielsweise im IDoc-Verfahren über SAP verschickt werden, fallen darunter. Während der zweijährigen Übergangsphase können Unternehmen jedoch weiterhin auf bisherige Formate wie PDF oder „verunglückte“ E-Rechnungen zurückgreifen.
Jede elektronische Rechnung im XML-Standard, die der europäischen CEN-Norm EN-16931 entspricht, wird als gültige E-Rechnung anerkannt. Nationale Ausprägungen wie die Factur-X (Frankreich) sind zulässig, solange sie dem Standard entsprechen. Das BMF hatte ursprünglich die italienische FatturaPA in den Entwurf aufgenommen, diese jedoch aufgrund ihrer Nicht-Konformität mit der EN-16931 wieder gestrichen.
Derzeit gibt es in Deutschland noch kein zentrales E-Reporting-System. Zukünftig ist jedoch geplant, dass ein Extrakt der E-Rechnung an die Finanzverwaltung übermittelt wird. Bis dahin können Unternehmen verschiedene Übermittlungswege nutzen, von der einfachen E-Mail bis hin zu speziellen Lieferantenplattformen. Diese Flexibilität schafft zwar Freiheit, erhöht jedoch auch den administrativen Aufwand.
Verträge, die als Rechnung fungieren (z.B. Miet- oder Softwarelizenzverträge), müssen künftig ebenfalls als elektronische Rechnung ausgestellt werden. Rechnungsberichtigungen müssen im gleichen Format erfolgen wie die ursprüngliche E-Rechnung. Für die Erstellung und Übermittlung von E-Rechnungen können externe Dienstleister eingebunden werden, was insbesondere in der Übergangszeit eine praktische Lösung darstellt.
Alle Pflichtangaben nach §14 und 14a UStG müssen im strukturierten Teil der XML enthalten sein. Fehlen wesentliche Angaben, gilt die Rechnung nicht als elektronische Rechnung im neuen Sinne, was den Vorsteuerabzug gefährden kann. In solchen Fällen sollten Unternehmen die fehlerhafte Rechnung ablehnen und eine korrigierte Version anfordern.
Der Prozess der Rechnungsstellung bleibt im Wesentlichen unverändert, solange die neuen Anforderungen erfüllt werden. Formate wie ZUGFeRD und XRechnung können weiterhin verwendet werden, sofern sie den neuen Standards entsprechen. XML-Rechnungen können für die interne Verarbeitung in PDFs umgewandelt werden, ohne dass dies steuerrechtliche Nachteile mit sich bringt.
Was ist jetzt zu tun?
Stammdatenpflege
Bei der Einführung der E-Rechnung in Deutschland spielt nicht nur die technische Umsetzung eine wichtige Rolle, sondern auch die sorgfältige Pflege der Stammdaten und Prozesse. Oft liegt die eigentliche Herausforderung in den Stammdaten der Unternehmen. Die Stammdaten umfassen unter anderem Geschäftspartnerdaten, Debitoren- und Kreditorendaten, Materialstammdaten sowie transaktionale Daten. Fehler in diesen Bereichen können erhebliche Probleme verursachen.
Die E-Rechnungspflicht betrifft Umsätze zwischen in Deutschland ansässigen Unternehmen. Ein Beispiel verdeutlicht die Komplexität der E-Rechnungspflicht:
Wenn die KPMG AG in Berlin Firmenwagen bei der Daimler AG in Stuttgart bestellt, diese aber aus einem Werk in Polen geliefert werden, fällt der Vorgang unter die deutsche E-Rechnungspflicht. Grund: Beide Geschäftssitze sind in Deutschland ansässig, nur der Warenweg ist grenzüberschreitend.
Was ist aber, wenn direkt bei der Daimler Tochter in Polen bestellt wird? Eine rein umsatzsteuerrechtliche Registrierung, triggert keine Ansässigkeit nach deutschem umsatzsteuerrechtlichem Recht. Aber die anderen Länder haben auch nationale E-Invoicing Schemata, die beachtet werden müssen.
Hinweis: Bei grenzüberschreitenden Warenbewegungen empfehlen wir nicht nur auf Deutschland zu gucken, sondern auch auf die nationalen Anforderungen des anderen Mitgliedsstaats zu achten.
Die Pflege der Stammdaten ist entscheidend für die korrekte Einordnung von Transaktionen. Dies umfasst die ordnungsgemäße Anlage von Geschäftseinheiten, umsatzsteuerrechtlichen Registrierungen und die Zuordnung von Umsatzsteuer-IDs. Eine sorgfältige Stammdatenpflege stellt sicher, dass sowohl die Eingangs- als auch die Ausgangsrechnungen korrekt abgewickelt werden.
Grenzüberschreitende Transaktionen
Für grenzüberschreitende Transaktionen empfiehlt es sich, nicht nur die deutschen Anforderungen zu berücksichtigen, sondern auch die nationalen E-Invoicing-Vorgaben des anderen Mitgliedsstaats. Dies ist besonders relevant für die Ausgangsseite, da ab 2027 beziehungsweise 2028 alle Unternehmen in Deutschland verpflichtet sind, elektronische Rechnungen zu erstellen. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 800.000 Euro haben eine verlängerte Frist bis 2028.
Bitte gucken Sie sich das Thema Stammdaten an. Legen Sie vor allem Kreditoren- und Debitorenstammdaten, Betriebsstätten, UstIDs. bei Lieferanten, etc sauber an. Stammdaten ist ein Feld, das leider oft unterschätzt wird. Dann kann die technische Umsetzung noch so gut sein, wenn Stammdaten fehlerhaft sind, haben Sie umsatzsteuerrechtlich ein Problem.
Nancy Schanda – Partner, Indirect Tax Services Head of VAT Technology KPMG
Berücksichtigung der GoBD
Seit 2015 gelten die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) verpflichtend für alle Steuerpflichtigen in Deutschland. Diese Vorschriften bestimmen maßgeblich, wie Unternehmen ihre Buchhaltungsdaten und Dokumente handhaben und archivieren müssen. Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie alle relevanten Vorschriften umsetzen und ihre Prozesse entsprechend anpassen.
Anforderungen der GoBD an die E-Rechnung
Mit der fortschreitenden Digitalisierung und der Einführung der E-Rechnung ab 2025 stellt sich die Frage, wie die GoBD in diesem Kontext anzuwenden sind. Bisher hat die Finanzverwaltung die GoBD nicht an die neuen Anforderungen des E-Invoicing angepasst. Daher gelten die bestehenden Regelungen weiterhin.
Ein zentraler Grundsatz der GoBD besagt, dass alle elektronisch empfangenen Rechnungen im Originalformat unverändert aufbewahrt werden müssen. Dies bedeutet, dass Unternehmen E-Rechnungen nicht ausdrucken und in Papierform archivieren dürfen. Stattdessen müssen die originalen XML-Dateien, die als Rechnungen dienen, elektronisch gespeichert werden.
Archivierungspflicht von E-Mails
Ein häufig diskutiertes Thema ist, ob auch die E-Mails, mit denen E-Rechnungen empfangen werden, archiviert werden müssen. Die Antwort lautet ja, denn E-Mails enthalten wichtige Metadaten, die beispielsweise den Eingang der Rechnung dokumentieren. Daher sollten sowohl die E-Mail als auch die angehängte XML-Datei archiviert werden.
Archivieren Sie sowohl die E-Mail als auch die angehängte XML-Datei. Die E-Mail enthält wichtige Metadaten, die beispielsweise den Eingang der Rechnung dokumentieren.
Christian Amberg – Partner, Tax Transformation KPMG
Konvertierung von Daten
Bei der Konvertierung von Daten, etwa von einem Format in ein anderes, müssen beide Versionen der Datei aufbewahrt werden. Es muss klar erkennbar sein, wie die Konvertierung erfolgte und dass keine Daten verloren gingen oder verändert wurden. Die GoBD enthalten Ausnahmen von dieser Regel, aber es wird dringend empfohlen, im Zweifelsfall beide Dateien zu archivieren, um den Anforderungen der Finanzverwaltung zu entsprechen.
Verfahrensdokumentation
Ein weiterer wichtiger Punkt der GoBD ist die Verfahrensdokumentation. Diese Dokumentation beschreibt detailliert, wie Prozesse ablaufen, wie Daten verarbeitet werden und wie die technische Umsetzung der E-Rechnung erfolgt. Die Verfahrensdokumentation sollte folgende Elemente enthalten:
- Allgemeine Beschreibung: Übersicht über das Unternehmen und seine Prozesse.
- Anwenderdokumentation: Detaillierte Beschreibung des end-to-end Prozesses, inklusive Screenshots und Prozessbeschreibungen.
- Systemdokumentation: Technische Details zu Schnittstellen, Konvertierungen und Datenflüssen.
- Betriebsdokumentation: Informationen zum Hosting, Sicherungsmaßnahmen und IT-Notfallplänen.
- Internes Kontrollsystem (IKS): Beschreibungen der internen Prüfungs- und Kontrollprozesse.
Es wird empfohlen, die Verfahrensdokumentation frühzeitig zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren, um bei Bedarf, z.B. im Fall einer Betriebsprüfung, schnell darauf zugreifen zu können.
Wir sind persönlich für Sie da!
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